Projektstudie Rheinhessen

Mainz-Hechtsheim

7. Verkehrsanbindung Hechtsheims als städtischer Aspekt

Die von uns befragten Personen antworteten auf die Frage nach Besonderheiten von Hechtsheim fast alle, dass Sie die Verknüpfung eines Dorfes mit städtischen Eigenschaften als etwas besonderes ansehen und sehr schätzen. Als städtischer Aspekt Hechtsheims wurde hierbei oftmals die gute Verkehrsanbindung aufgeführt. Wenn man einen genaueren Blick auf die aktuelle Situation und Entwicklung des Verkehrs in Hechtsheim wirft, fällt auf, dass in dem Bezug viele Veränderungen an der örtlichen Straßenbahn und andererseits an der Autobahnanbindung gibt. Diese wollen wir hier nun näher erläutern:

7.1. Öffentlicher Verkehr

Die Straßenbahn wird in Hechtsheim von vielen Einwohnern als Lebensader angesehen. Das mag einerseits an ihrem guten Ausbau und andererseits an der für ein Dorf relativ hoch frequentierten Befahrung liegen. Werktags fahren hier bis 20 Uhr alle 5-10 Minuten Straßenbahnen. Nach 20 Uhr wird die Frequenz allerdings auf Fahrten auf alle 20 Minuten verringert; die letzte Bahn fährt um 1:15 Uhr am Bahnhof ab. Dieser Fahrplan zeigt uns nun einerseits, durch die häufige Frequenz der Bahnen tagsüber, einen Fahrplan, der an städtische Verhältnisse erinnert, andererseits, durch relativ geringe Frequenz nach 20 Uhr und Fahrstopp ab ein Uhr nachts, einen der an ländliche Verhältnisse erinnert. Selbst hier wird also ein leichter Stadt-Land-Konflikt deutlich, welcher jedoch besonders in der Bahnanbindung an Hechtsheim selbst deutlich wird:

Es gibt zwei Routen nach Hechtsheim, die sich am sogenannte „Jägerhaus“ spalten:

Einmal die Route in den Ortskern, sprich die „Hauptgeschäftsstraße“, hier fuhr früher die „Linie 11“, deshalb steht hier auch heute ein kleines Wirtshaus, welches „Linie 11“ heißt und an die Endhaltestelle dieser Straßenbahn erinnern soll. Vor ein paar Jahren wurde die Linie 11 allerdings in „Linie 52“ umgetauft. Seit 2005 fährt die Bahnlinie wegen der Umbauten der A60 überhaupt nicht mehr in den Ortskern. Stattdessen fährt sie nun zum „Bürgerhaus“. Um den Anschluss zur Endstelle, „Schinnergraben“, der Linie 52 nicht aufzugeben, fahren nun allerdings Busse als Ersatzverkehr. Die Verbindung durch den öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) mit dem Ortskern, also ins „ländliche Hechtsheim“, wurde damit kurzfristig zugunsten des Autobahnbaus unterbrochen, aber durch Bus-Einsatz versucht aufrecht zu erhalten. Dies wiederum zeigt das Bemühen des Ortsvorstandes und des Mainzer Stadtrates, sowohl eine weitere Verstädterung Hechtsheims zu ermöglichen, als auch den dörflichen Teil nicht zu vernachlässigen.

Die zweite Straßenbahnroute nach Hechtsheim führt zum Neubaugebiet „Bürgerhaus“. Seit 2005 fahren hier die Bahnlinien 50, 51, und 52. Diese Route erfuhr ebenso viele oder sogar viel mehr Veränderungen in den letzten Jahren, als die zum „Schinnergraben“. Die Straßenbahnschienen endeten bis vor circa 10 Jahren an der Haltestelle „Dornsheimer Weg“, bevor Sie bis zum Bürgerhaus erweitert wurden. Die Idee zur Verlängerung der Schienen bis zum Bürgerhaus, entstand höchstwahrscheinlich im Zuge der Planungen für das Neubaugebiet um das Bürgerhaus und des Neubaugebietes ebenfalls an die öffentlichen Verkehrsmittel anzubinden. Hier wurden ehemalige Brachflächen und der ehemalige Asche-Sportplatz zu Wohnflächen umfunktioniert. Stattdessen entstand ein neuer Kunstrasen-Sportplatz, der an die Rheinhessenstraße am Südrand des Gewerbegebiets gebaut wurde. Zusätzlich wurde die Bahnroute Richtung Bürgerhaus auch um die Haltestelle „Mühldreieck“, zwischen den Haltestellen „Dornsheimer Weg“ und „An den Mühlwegen“, erweitert. Dies zeigt den voranschreitenden Prozess der Verstädterung Hechtsheims in diesem Gebiet. Um das „Mühldreieck“ existiert auch ein Neubaugebiet und zusätzlich ein „Park & Right“-Parkplatz. Die Haltestelle Mühldreieck wurde vermutlich eingeführt, um einen direkten Anschluss ans Gewerbegebiet zu erreichen. Außerdem dient das Mühldreieck als Verbindungshaltestelle zwischen den Bussen aus Zornheim/Ebersheim, Hechtsheim und der Stadt Mainz. Hier ankommende Busse aus Zornheim/Ebersheim werden stets von Straßenbahnen erwartet, die die Fahrgäste in die Stadt befördern. Die vielleicht wichtigste Funktion des Mühldreiecks ist auch die Busverbindung zur Messe. Die ankommenden Messe-Gäste können vom Mühldreieck direkt und bequem in Busse zur Messe umsteigen. Bei der hinzugefügten Haltestelle „Mühldreieck“ handelt es sich somit um ein multifunktionales Gebilde, das die Stadt Mainz komfortable mit dem Umland, dem Wirtschaftsbereich Hechtsheims, und dem Messebereich verknüpft. Das zusätzliche Parkplatzangebot soll dazu verleiten, die Mainzer Innenstadt mit der Bahn zu besuchen.

Der unterschiedliche Ausbau der beiden Bahnrouten könnte ein Anzeichen dafür sein, dass Hechtsheim durchaus verstädtert (im Bereich Messe, Gewerbegebiet und den angrenzenden Siedlungen). Allerdings dient die Rheinhessenstraße immer noch als Abgrenzung zwischen Land und Stadt. Die geringe Veränderung der Bahnlinien zum Dorfinneren deutet auf einen Erhalt des Dörflichen und der existierenden Strukturen hin. Somit scheint Hechtsheim auch weiterhin schwer zwischen Dorf und Stadt zu schwanken.[2]

7.2. Autobahnausbau der A60

Der Ausbau der Autobahn A60 spielt für Hechtsheim eine große Rolle. Wie schon in der Aufteilung der Hechtsheimer Teilgebiete erwähnt, ist die gute Anbindung an die Autobahn einer der größten Vorteile des Gewerbegebiets. Auch für den Ausbau und Betrieb des Messegeländes ist die Autobahn und die Westerweiterungsstraße an der Umgehungsstraße: Ludwig-Erhard-Straße, ein wichtiger Faktor gewesen. Die besondere Stadtnähe Hechtsheims wird dadurch deutlich, dass der relativ kleine Ort mit knapp über 15000 Einwohnern nun allein über zwei Autobahnausfahrten, Hechtsheim-Ost und Hechtsheim-West, verfügt. Die Abfahrt Hechtsheim-Ost ist momentan allerdings wegen der Umbauarbeiten des Mainzer Rings gesperrt. Hier sollen zukünftig laut den Angaben des Projektbüro Mainzer Ring (http://www.mainzerring.de/ausfuehrung/ausfuehrung_set.html) zwei Fahrstreifen nach Mainz und zwei nach Frankfurt entstehen, und „der aus Frankfurt kommende Verkehr wird sich mit dem aus Bingen kommenden Verkehr anstatt in einer Kurve, auf einer Geraden verflechten.“

Diese Änderungen und Versuche die Fahrbahn-Höhenunterschiede weitgehend auszugleichen, sollen die Verkehrsbedingungen in Zukunft deutlich verbessern. Dazu soll auch ein Tunnel beitragen. Weniger Staus würden dem Gewerbestandort Hechtsheim abermals Auftrieb geben und somit die weitere Verstädterung fördern. Weiterhin ist eine Baustelle auf der Geschwister-Scholl-Straße für Hechtsheim von Bedeutung, weil hier die Bahnlinie in Richtung Bürgerhaus beeinträchtigt und deren Haltestelle „Jägerhaus“ verlegt werden musste. Doch das eigentliche Problem dieser Baustelle liegt an der Verengung der Fahrbahn von zwei auf eine Spur, wodurch es oftmals zu Staus während der Hauptverkehrszeiten kommt. Da das Projekt noch nicht vollkommend abgeschlossen ist, der Tunnelbau im Gebiet Hechtsheim-Ost wurde ende Juli 2008 abgeschlossen, weitere Teile allerdings noch nicht und der Tunnel ist auch noch nicht befahrbar, lässt sich leider wenig über die zukünftige Lärmbelastung des anliegenden Wohngebietes entlang der Alten-Mainzer-Straße sagen.

Im Gegensatz zum Verkehr rund um die Autobahn ist die Verkehrsführung im Ortskern vergleichsweise bescheiden. Die Neue- und die Alte-Mainzer-Straße vereinen sich am nördlichen Ortseingang zu einer Straße, die im weiteren Verlauf als Heuerstraße bezeichnet wird. Diese Hauptgeschäftsstraße des ländlichen Teils von Hechtsheim ist jedoch an den alten Strukturen ausgerichtet. Im Gegensatz zu den relativ gut ausgebauten „Mainzer-Straßen“ ist die Ortsdurchfahrt relativ schmal. Das liegt aber auch an Bordsteinparkmöglichkeiten entlang der Heuerstraße, bei denen die parkenden Autos jeweils einen Teil der Straße blockieren. Da die Heuerstraße die einzige Ortsdurchfahrt ist und das Problem ihrer Enge besteht, kommt es im Ortskern häufig zu hohem Verkehrsaukommen und Staus; ein Zustand, der auch oft durch Ortsansässige die selbst die kleinsten Strecken mit dem Auto zurück legen verschärft wird.


[2] Die hier aufgeführten Wandel der Straßenbahnlinien basieren auf meinen Beobachtungen der letzten Jahre.